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Vergleiche als Betriebsprogramm bei Müttern?

So als frischgebackene Mutter gelangt man in eine völlig neue Welt. Es fängt an mit Geburtsberichten, die meiner Meinung nach immer spannend sind. Eine Welt in der man auf einmal mitreden kann, weil man es selbst erlebt hat. Und schon im nächsten Moment startet scheinbar völlig unbewusst das Betriebsprogramm der Vergleiche, während die Geburtsdaten ausgetauscht werden. Ein Programm, das ab diesem Zeitpunkt viele andere Programme überschreibt. Schnell wird klar, dass man nicht nur Daten, sondern ganze Entwicklungsabläufe, Fähigkeiten und Talente vergleichen kann.

Meiner schläft durch seit er 2 Monate ist.... bei uns ist schon der erste Zahn durch. Unsere Maus kann sich schon drehen... und so beginnt es im Rückbildungskurs, setzt es sich im Babymassagekurs und in der Krabbelgruppe fort. Auf dem Spielplatz, beim Müttertreff, im Kindergarten und überhaupt überall dort wo man mit Kind hinkommt. Und nicht nur das. Wenn man selber weitere Kinder bekommt, läuft dieses Programm sogar dann, wenn kein anderer Erwachsener zum Austausch zur Verfügung steht.
Aber warum das Ganze? Warum vergleichen wir andauernd? Ist es unser Bedürfnis anderen unsere Erfolge mitzuteilen? Freuen wir uns so sehr mit dem Kind, dass wir es irgendwem erzählen wollen? Ja klar, unser Herz springt fast über vor Glück. Irgendwie müssen wir doch mit diesem Adrenalinschub umgehen, um nicht vor Freude zu explodieren. Da ist auch nichts arges dabei und eigentlich zeigt es doch, wie stolz wir auf unser(e) Kind(er) sind. Wir freuen uns und wollen diese Freude mit anderen teilen. Das ist schön und gut.
Leider artet dieses "Erfolgserlebnisse miteinander teilen" nur allzu oft in einen regelrechten Wettstreit aus. Und am Ende bleibt das Gefühl von Unzulänglichkeit und Entmutigung. Unser Bauchgefühl wird durch das ständige Vergleichen stark verunsichert, insbesondere dann, wenn sich das Gefühl einschleicht, dass andere Kinder alles besser können, als die eigenen. Wie fühlt ihr euch, wenn das Baby eurer Freundin mit 5 Monaten durchschläft, während euer Kind mit 12 Monaten noch meilenweit davon entfernt zu sein scheint? Wenn euer Kind zwar mit 13 Monaten läuft, während die Tochter der Nachbarin das auch kann und zusätzlich schon zahlreiche Worte von sich gibt und eins davon ist Eichhörnchen, nur um dem ganzen die Krone aufzusetzen.



Bei mir hinterließ das Vergleichen ab einem gewissen Punkt immer das Gefühl irgendetwas grundsätzlich falsch oder nicht genug zu machen. Und obwohl ich es doch besser wissen sollte, passiert es mir immer wieder. Mal bewusst und oft völlig unbewusst, dass ich auch meine eigenen Kinder miteinander vergleiche. Vergleiche, wo es eigentlich nichts zu vergleichen gibt. Denn es bringt doch jeder völlig unterschiedliche Voraussetzungen mit, während er gleichzeitig niemals das gleiche Umfeld wie sein Geschwister erlebt. Denn es kommen neue Personen, neue Erfahrungen, vielleicht auch völlig neue Umstände hinzu. Die Umstände verändern sich permanent und das ist ja auch gut so. Wir lernen neues und entwickeln uns weiter.



Während der eine sich körperlich entwickelt (Wachstum, Zähne, Haare), ist es beim anderen vielleicht die emotionale Entwicklung. Der nächste ist möglicherweise so damit beschäftigt, sich unbedingt fortbewegen zu wollen, dass die Sprache hinten angestellt wird. Der eine liebt Klötze, der nächste Bücher. Man könnte diese Liste unendlich fortsetzen. Jeder der mehrere Kinder hat, wird das mit Sicherheit bemerkt haben. Gerade an Geschwistern kann man feststellen, wie sich jeder eine eigene Nische sucht. Kinder grenzen sich voneinander ab. Damit sichern sie sich unter anderem gezielte Aufmerksamkeit und schieben Konkurrenzgefühle aus dem Weg. Die kommen sowieso oft genug von ganz alleine. Es ist ein wunderbares Geschenk, das wir mit unseren Kindern bekommen haben. Wir dürfen sie bei ihren Entwicklungsschritten begleiten, sie beobachten und uns mit ihnen gemeinsam über jeden Erfolg freuen. 

Warum gleiten mir dann Sprüche über die Lippen, wie

- dein kleiner Bruder kann das sogar, warum du nicht?

- kannst du nicht so ordentlich schreiben wie deine Schwester?

- warum fällt es dir so schwer, .... kann das auch schon 

- guck mal wie leicht.... das macht.

- kannst du das nicht machen wie.....?



In letzter Zeit ertappe ich mich immer häufiger dabei und stelle mir selbst die Frage, inwiefern ist diese Äußerung hilfreich? Gar nicht. Vergleiche wirken sich zerstörerisch auf Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl aus. Sie geben uns das Gefühl, nicht gut genug zu sein, nicht richtig zu sein, so wie wir sind. Oft brauche ich nur ein bisschen nachdenken und ich weiß, warum der eine dies und der andere das besser kann. Und das ist doch auch gut so. Wir müssen gar nicht alle gleich sein. Vielfalt und die Unterschiede sind doch das besondere in unserem Leben. Was wäre denn, wenn wir alle identisch wären? Wozu bräuchten wir uns gegenseitig, wenn wir alle alles gleich gut könnten?



Ich mag Rabe Socke irgendwie gar nicht. Ich kann nicht mal genau sagen warum. Aber ich mag das Lied von Rabe Socke, dass immer am Ende der Serie läuft: 

"Ich bin wie ich bin und das ist gut so. Jeder soll so sein, wie er ist und das ist gut so. Wir sind, wie wir sind und das ist gut so. Jeder soll so sein wie er ist!"

Ja, das ist wirklich gut!


Und am Ende möchte ich fragen, ob es gut ist, die Kinder voreinander zu loben? Wenn ich meiner Tochter sage, dass sie toll singen kann und meinem Sohn, dass er sehr sportlich ist. Wird dann nicht mein Sohn nur hören, dass er nicht gut singen kann und meine Tochter nimmt wahr, dass sie unsportlich ist? Lob ist doch etwas tolles. Aber vielleicht auch nicht immer. Daher haben wir gezielte "Gespräche" mit den Kindern. Gerne dürft ihr dem Link folgen und meinen Blog dazu lesen.  


Eine Instamama, der ich interessiert folge, hat kürzlich einen Buchausschnitt geteilt, der mich ebenfalls zum Nachdenken angeregt hat.



Das hat mich wie ein Schlag getroffen. Ui. Ja, aber irgendwie ist das etwas, was sich ganz tief in mir wahr anfühlt.
Kinder sind von ihrem Ursprung an super! Sie bringen so ziemlich alles mit, was sie im Leben brauchen. Dazu habe ich ja in der Vergangenheit auch schon so manches geschrieben. Wir Großen können von den Kleinen so viel Lernen! Wir sollten uns das immer wieder vor Augen halten und uns einmal mehr zurücknehmen und die Kinder beobachten und sehen, was sie ohne unser zutun tatsächlich alles drauf haben! Sie bringen so viel Ehrgeiz und Motivation mit. Wenn sie fallen, stehen sie immer wieder auf und erweisen bei so manchem Entwicklungsschritt ein unglaubliches Durchhaltevermögen, von dem wir uns durchaus manchmal eine Scheibe abschneiden könnten.

Und vergleichen? Wenn wir es denn unbedingt beibehalten wollen, dann sollten wir lediglich die Gegenwart mit der Vergangenheit vergleichen, um zu beobachten, was sich verändert hat.

Und wenn wir denn sonst noch vergleichen wollen, dann am Besten nur um zu trösten, aufzubauen und unser Mitgefühl zum Ausdruck zu bringen. 


Jeder ist toll, so wie er ist!

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